Fahrt nach Pobezovice/Ronsperg

Beim Ohanamifest haben wir den Plan gefasst und am 27.09.2022 war es dann soweit: Die Deutsch-Japanische Gesellschaft in Passau e.V. begab sich auf Tagesfahrt in den böhmischen Wald nach Ronsperg/Pobesovice, Tschechien. Nachdem Prof. Dr. Seifert und seine Gattin uns auf der Busfahrt eine Einführung zur Familie der Coudenhove-Kalergis mit Textstellen aus dem Buch „Der böhmische Samurai“ von Bernhard Setzwein und aus historischen Quellen gaben, führte uns die Biographin von Gräfin Mitsuko Coudenhove-Kalergi (1874-1941), Frau Masumi Schmidt-Muraki sowie die tschechischen Vertreterinnen des Förderkreises des Schlosses Ronsperg, durch Schloss, jüdischen und christlichen Friedhof sowie das einstige Augustinerkloster Pivon, welches die Coudenhove-Kalergis vorübergehend bewohnten.

Bislang ist die Restaurierung der Schlossruine Ronsperg soweit realisiert, dass das Schloss mit Führung teilweise besichtigt werden kann. Frau Schmidt-Muraki führte u.a. durch Repräsentationsräume der einstigen Gräfin mit freigelegten Wandbildern, dem Kaminzimmer („N’OUBLIEZ“) und einem massiven Holzaltar in der einstigen Kapelle; Wappen der Familie und verspielte architektonische Details der Schlossfassade („ERIT HORA“) sind noch erhalten; Frau Muraki-Schmidts Zen-Garten im Schlosspark erinnert an die große Familie von Gräfin Mitsuko, die als erste Japanerin den böhmischen Diplomaten Reichsgraf Heinrich von Coudenhove-Kalergi (1859-1906) 1892 in Tokio heiratete und mit ihm nach Ronsperg zog. Besonders in Japan ist die Erinnerung an sie – romantisierend – in Musicals und Geschichten bis heute wach gehalten.

 

 

Ein Sohn der Familie ist Richard Coudenhove-Kalergi (1894-1972). Er gründete die Pan-Europa-Union und wurde der erste Träger des Karlspreises. Seine Kindheit zwischen Tokio und Ronsperg sowie die Wirren beider Weltkriege haben ihn zum Weltbürger werden lassen, der sich für den europäischen Gedanken überzeugt eingesetzt und der die europäische Hymne vorgeschlagen hat.

Die Tagesreise nach Böhmen deckte für uns alle eine Vielfalt an Veränderungen seit den beiden Weltkriegen auf. Wir konfrontierten uns mit unserer eigenen Sprachlosigkeit über die Zerstörungen, Brüche, Schmerzen und Ängste, von denen wir in den wenigen Stunden aus der Geschichte des Ortes Pobezovice/Ronsperg und seines Schlosses erfahren haben und die wir auf beiden Friedhöfen nachfühlen konnten – während sich ein Regenbogen über uns spannte …  – wie weitsichtig doch die Weltbürgerfamilie Coudenhove-Kalergi schon vor 100 Jahren denken und leben konnte…; wie Gräfin Mitsuko – weit entfernt von ihrer Heimat – sodann alles verloren hat und wie schwierig es auch für uns bis heute immer noch bleibt…., den Gedanken Europas umzusetzen.

(Fotos: Dr. Birgit Kapp)