Film „Ode an die Freude“

24.-25.11.2011    Zum Abschluss des Jubiläumsprogramms gab es zwei Vorstellungen des japanischen Films „Ode an die Freude“ (2006 Originaltitel: Baruto no gakuen), der in Passau schon 2008 mit Erfolg gezeigt worden war. Hauptdarsteller sind Ken Matsudaira, einer der populärsten japanischen Schauspieler, und Bruno Ganz, was die große Bedeutung beweist, die diese Geschichte für die Japaner hat. Durch den Film wird sie auch dem deutschen Zuschauer in sehr berührender Weise nahegebracht.

Die Handlung des Films basiert auf wahren Begebenheiten: im November 1914 geraten im damaligen deutschen Pachtgebiet Tsingtao (Qingdao) ungefähr 4700 deutsche Soldaten in japanische Gefangenschaft, die sie ab 1917 im Kriegsgefangenenlager Bando (bei Naruto/Tokushima) verbringen. Der dortige Lagerkommandant behandelt sie sehr menschlich, gerät dadurch aber in Konflikt mit der Regierung und muss unter erschwerten finanziellen Bedingungen das Auskommen der Lagerinsassen sichern.
Die Nachricht von der endgültigen Niederlage Deutschlands und dem Kriegsende im November 1918 erfüllt die deutschen Gefangenen zunächst mit Verzweiflung. Doch später, mit der Aussicht auf die Abreise in die Heimat, organisieren die nun Freigelassenen als Zeichen des Dankes gegenüber den Japanern ein Konzert, bei dem zum ersten Mal Beethovens Neunte erklingt – die Komposition, die schon bald zum beliebtesten Werk europäischer Musik in Japan wird.

Für die Filmaufnahmen wurde das Gefangenenlager Bando mit Gesamtbaukosten von ca. 2,14 Mio. Euro originalgetreu nachgebaut. Damit ergänzt es als Touristenattraktion das „Deutsche Haus“, in dem die Geschichte der Deutschen an diesem Ort dokumentiert wird. Bei seinem offiziellen Japan-Besuch anlässlich des 150. Jubiläums der deutsch-japanischen Beziehungen 2011 besichtigte Bundespräsident Christian Wulff auch diese Gedenkstätte.

Vortrag „Zen – weil wir Menschen sind“

9.11.2011    „Zen – weil wir Menschen sind“ lautet der Titel eines Buches, das der Zen-Meister Fumon S. Nakagawa, Leiter des Zen-Zentrums Eisenbuch, geschrieben hat. In Passau hielt er einen Vortrag zu demselben Thema und fand großes Interesse. Für manch einen waren die gebotenen Informationen neu. Sie erfuhren, dass die praktische Übung des Zen, ob im Gehen oder im Sitzen (zazen)vollzogen, den Menschen zu sich selbst führen soll, zu innerer Ruhe und Ausgeglichenheit. Der Referent wies auf den indisch-chinesischen Ursprung dieser Form der Versenkung hin und auf den Umstand, dass die japanische Kultur überhaupt in den meisten ihrer Erscheinungen auf dem Umweg über Korea von China geprägt wurde, dass aber fast immer etwas Eigenes dabei entstand. Zur Einstimmung spielte er auf der Bambusflöte Shakuhachi und trug buddhistischen Gesang vor. Seine Ausführungen jedoch bezogen sich nicht auf buddhistische Lehren.

Das „Ich“ mit seinen Wünschen, Quelle von Unzufriedenheit, Unruhe und Hektik, soll überwunden werden. Bei allen Übungen spielt der Atem eine entscheidende Rolle, seine Kontrolle steht am Anfang allen Bemühens. Die Flut der Gedanken, die immer auf den Menschen einströmen, soll ausgeschaltet werden. In der Ruhe des Sitzens soll der Mensch sich auf das Da-Sein konzentrieren. Im Alltag bedeutet das, dass er sein jeweiliges Tun annimmt, die Dinge so, wie sie sind, folglich auch den anderen Menschen, wie er ist. Respekt und Achtsamkeit sind Schlüsselwörter, ebenso der Begriff der Würde: diese eignet allen Menschen und Dingen.

Vortrag „Die Rezeption europäischer Musik in Japan“

27.10.2011    Der Vortrag der Musikwissenschaftlerin Dr. Kumi Konaga bot eine Fülle von Informationen; hier nur einige Beispiele: Als Symbol für die Rezeption europäischer Musik in Japan kann man Beethovens 9. Symphonie bezeichnen: seit bald hundert Jahren ist sie dort fester Bestandteil des Musiklebens. Die erste Begegnung der Japaner mit westlicher Musik fand im 16. Jahrhundert statt, als portugiesische und spanische Jesuiten im Rahmen ihrer Mission geistliche Lieder verbreiteten. Ein nennenswerter Einfluss auf die japanische Musik ist zu dieser Zeit jedoch nicht nachzuweisen. Möglicherweise wirkte im 17. Jahrhundert europäische Cembalomusik auf Kompositionen für Koto; denn die Verbindung Japans nach Europa war nach der völligen Abschließung des Landes (1639) nicht abgerissen: über die Holländer, die weiterhin geduldet waren, unterhielt Japan Handelsbeziehungen zum Westen.

Mit der 1853 erzwungenen Öffnung Japans änderte sich die Situation. Die Regierung sah die Notwendigkeit, das Land zu modernisieren, um nicht in westlicher Abhängigkeit gehalten zu werden. So wurde Japan offen für viele Einflüsse. Man erkannte den Wert musikalischer Erziehung für die Stärkung des Nationalgefühls, weshalb aus dem Ausland übernommene sowie im westlichen Stil komponierte Lieder Eingang in die Schulbücher fanden. Auch europäische Instrumente wurden, zusammen mit der klassischen Musik, heimisch in Japan.

Sehr fremd allerdings wirkten auf die Japaner anfangs die großen Blechbläserensemble, mit denen in Amerika oder anderswo Märsche u. ä. gespielt wurden. Aber auch diese Sitte wurde übernommen. Als Lehrer für Militärmusik wirkte in Japan viele Jahre der Deutsche Franz Eckert. Er war auch derjenige, der die neugeschaffene japanische Nationalhymne ins europäische Tonsystem übertrug, damit sie bei feierlichen Anlässen von Militärmusikern gespielt werden konnte.

Eröffnungskonzert „Young Classic Europe“

14.10.2011    Die junge Geigerin Mayu Kishima eröffnete zusammen mit der Niederbayerischen Philharmonie unter GMD Basil Coleman das diesjährige, inzwischen als „Young Classic Europe“ bekannte, Europäische Jugendmusikfestival. Sie spielte Beethovens Violinkonzert und entfachte damit Begeisterungsstürme im bis auf den letzten Platz besetzten Rathaussaal. Da das Konzert den seit 150 Jahren bestehenden deutsch-japanischen Beziehungen gewidmet war, konnte man nicht nur eine japanische Solistin hören, sondern auch ein japanisches Werk: die „Musica per orchestra sinfonica“ von Yasushi Akutagawa (1925–1989), die mit ihrer besonderen Rhythmik und Dynamik die Zuhörer in ihren Bann zog. In der Presse wurde das Konzert, das mit der 4. Symphonie von Tschaikowsky ausklang, beinahe hymnisch gelobt. Nach dem Konzert – das auch von der DJG Passau unterstützt worden war – ließ sich die Künstlerin neben dem „Jubiläumsbaum“ der Stadtgärtnerei fotografieren.

„Passauer Poesie“ vorgestellt

23.9.2011    Zum achten Mal wurde ein Bändchen der Reihe „Passauer Poesie“ der Edition Töpfl präsentiert. Neben DJG-Mitgliedern und anderen Japan-Freunden kamen auch Zuhörer, die sich seit Jahren für diese Poesie-Veröffentlichungen begeistern. In diesem Jahr hatten die Herausgeber sich auf Haiku konzentriert und passend zum Jubiläum japanische Haiku aus Passaus Partnerstadt Akita – von Andô Wafû (1866-1936) und Ishii Rogetsu (1873-1928) – mit einbezogen. Diese waren von Sibylle Rauscher (1. Vorsitzende der DJG) ins Deutsche, die deutschen Beiträge (von Rosa-Maria Bächer, Reiner Kunze, Sibylle Rauscher, Rupert Schützbach und Alfred Schwarzmeier) von Yoriko Czerny-Kawai (3. Vorsitzende der DJG) ins Japanische übersetzt worden.

Der Reiz des Bändchens rührt auch von den zahlreichen Abbildungen her. Sie zeigen Holzschnitte von Konrad Schmid, Zeichnungen von Erik Limmer, Farbholzschnitte von Katsuhira Tokushi (1904-1970 Akita), Tuschebilder von Koyama Se’i-un (1897-1989 Tokyo) und eine Kalligraphie von Yasuda Nobuko. So ist diese Publikation ein Beleg für die lebendige Städtepartnerschaft und ein schöner Beitrag zum Jubiläum der deutsch-japanischen Beziehungen.

Die musikalische Umrahmung mit japanischen Liedern sowie einer modernen japanischen Komposition von R. Hirose für Blockflöte zauberte eine besondere Stimmung – erinnerte der tiefe Klang doch von ferne an den Ton der Shakuhachi.

Ausstellung „Faszination Japan Inspiration“

1.-24.7.2011    Die Anna-Kapelle und der zugehörige Kreuzgang, Ausstellungsraum des Kunstvereins Passau, bieten mit ihren weißen Wänden und den gotischen Gewölben einen besonders schönen Rahmen für japanbezogene Ausstellungen. Schon zuvor (2000) hatte die DJG Passau dort Kalligraphie, Tuschmalerei und Skulpturen präsentiert, und im Jahr 2007 die Lithographien von Higashiyama Kaii (aus dem Völkerkunde-Museum München) zusammen mit Skulpturen von Kato Kunihiko (Fürth).

Die Ausstellung FASZINATION JAPAN INSPIRATION, im Jahr 2008 von der DJG Passau zu ihrem 25. Jubiläum konzipiert, konnte nun in etwas veränderter Zusammensetzung am 30. Juni eröffnet werden, als ein besonders sinnvoller Beitrag zur Feier des Jubiläums deutsch-japanischer Freundschaft; denn in den Exponaten kommt die Begeisterung westlicher Künstler für japanische Kunst und Kultur zum Ausdruck. Erstaunlich ist die Vielfalt der Inspirationsquellen und der angewandten künstlerischen Mittel und Techniken. In der Gewißheit, dass in den von der DJG organisierten Ausstellungen immer etwas Besonderes zu sehen ist, hatten sich zur Eröffnung neben zahlreichen beteiligten Künstlern auch viele Kunstinteressierte eingefunden.

Die Anna-Kapelle ist die vierte Station der Ausstellung: 2009 wurde sie drei Monate lang im Siebold-Museum Würzburg gezeigt, und in diesem Jubiläumsjahr 2011 war sie – durch Vermittlung der DJG Bielefeld – drei Wochen im Rahmen der Japan-Wochen der Universität Bielefeld zu sehen.

Vortrag „Heilige Räume, Zeiten und Orte in Japan“

27.6.2011    Das Motto der diesjährigen, 59. „Festspiele Europäische Wochen“ lautet „A Dieu – In Zeiten spiritueller Unruhe“. Am 1. Abend der (alljährlich gebotenen) Vortragsreihe fand der Vortrag von Prof. Dr. Peter Pörtner über „Heilige Räume, Zeiten und Orte in Japan“ als Beitrag zum Jubiläum „150 Jahre Freundschaft Deutschland – Japan“ statt. Dank dieser Einbettung in das Gesamtprogramm der „Europäischen Wochen“ fand sich eine überaus zahlreiche Zuhörerschaft ein, die nach dem Vortrag viele Fragen stellte. Für manch einen waren die Informationen über den Shintoismus, sein Verhältnis zum Buddhismus, über besondere Stätten und Rituale in Japan neu. Und wieder einmal stand Japan im Focus – jenseits aller Katastrophen.

Das Foto zeigt das berühmte Torii (=Tor zu einem shintoistischen Schrein) des Itsukushima-Schreins auf der Insel von Miyajima in der japanischen Inlandsee.

Fulminantes Konzert von Masa-Daiko

23.6.2011    Mit dem Auftritt des Ensembles Masa-Daiko erfüllte sich die Deutsch-Japanische Gesellschaft einen lange gehegten Wunsch: japanische Trommler nach Passau einzuladen. Durch die Zusammenarbeit mit den Festspielen „Europäische Wochen“ war es möglich, einen noch größeren Kreis von Zuschauern zu erreichen. Als „Ouvertüre im Freien“ zu den Festspielen gedacht, mußte mit Rücksicht auf das Wetter die Veranstaltung in einer Halle stattfinden, was ihrer Wirkung und ihrem Erfolg aber keinen Abbruch tat: sie war so gut wie ausverkauft.

In dem Ensemble, das von Masakazu Nishimine, einem absoluten Profi, geleitet wird, wirken oft auch Deutsche mit. Sie haben bei dem japanischen Meister über viele Jahre gelernt, bevor sie für würdig erachtet werden, an Auftritten teilzunehmen. MASA-DAIKO tritt auch in rein japanischer Besetzung auf. Aber gerade im Jubiläumsjahr der deutsch-japanischen Beziehungen war es schön  und passte sehr gut, dass zwei junge deutsche Trommler und eine Trommlerin mit auf der Bühne standen!

Mit dem Titel „Das perfekte Vorspiel“ war die Besprechung in der lokalen Zeitung (Passauer Neue Presse) überschrieben. Perfekt war in der Tat das Zusammenspiel, und das ohne Dirigenten und ohne Blickkontakt! Kleinere und größere Trommeln, unterschiedlich in der Klangfarbe, wurden geschlagen, in einer rhythmischen Vielfalt und mit einer Vehemenz, Kraft und Ausdauer, dass es dem Publikum fast den Atem verschlug. Nicht nur der Ton, auch der Anblick war faszinierend: die wirbelnden Holzschlägel, die kraftvollen Armbewegungen, der Ausdruck höchster Konzentration und Versunkenheit, die Choreographie des Ganzen, die im Einsatz der großen O-Daiko gipfelte. Vor diesem riesigen Instrument, das wie ein monochromes Altarbild im Bühnenhintergrund aufscheint, steht der Trommler und versetzt die Membran in gewaltige Schwingungen. Eine athletische Leistung! Aber zugleich liegt etwas Spirituelles darin: die Trommel ist ein uraltes Instrument, das bei Ritualen, besonders im Shintoismus, eine wichtige Funktion hatte (und noch hat).

Ein Haiku von Shiki (1867-1912) lautet:

Gebet um Regen –
damit zum Himmel es tönt,
der Schlag der Trommel

So war dieser fulminante Auftakt zu den 59. „Festspielen Europäische Wochen Passau“, wie der Titel sagt, „An den Himmel gerichtet“, passend zum Motto „A Dieu“. Er war Ein Beitrag zum Jubiläum „150 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan“, gewidmet den Opfern der Natur- und Umweltkatastrophe dieses Jahres  in Japan.

Vortrag „Die preußische Ostasienmission 1860/61“

8.6.2011    Es war die Kernveranstaltung zum Jubiläumsjahr „150 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan“: der Vortrag des Japanologen Prof. Dr. Peter Pantzer (Universität Bonn). Als Historiker und ausgewiesener Kenner der Materie referierte er über die politische „Ostasienmission“ des Grafen Fritz zu Eulenburg im Dienste Preußens. In mehreren Etappen über Land und Meer reiste dieser 1860 bis Singapur, wo er schließlich auf die „Arkona“ umstieg. Vier Schiffe sollten in Japan „Flagge zeigen“ und für Preußen und die interessierten Hansestädte den Zugang zu dem so lange verschlossenen Land erzwingen. Mit Handelsschiffen hätte man keinen Eindruck gemacht, eine Kriegsflotte besaß Preußen aber noch nicht, weshalb man Schiffe aus England bezog. Von den vier Schiffen mußte eines, reparaturbedürftig, unterwegs in einem Hafen zurückgelassen werden, ein weiteres sank im Taifun, so dass nur zwei bis an das ferne Inselreich gelangten. Nach vier Monaten zäher Verhandlungen mit der japanischen Regierung kam es am 24. Januar 1861 zur Unterzeichnung eines Freundschafts-, Schiffahrts- und Handelsvertrages.

Für Preußen ging es vor allem um sein Prestige: schon vor ihm hatten nach den USA die europäischen Mächte England, Frankreich und Russland ähnliche Verträge mit Japan geschlossen. Allerdings sollte es noch Jahre dauern, bis der Vertrag genutzt wurde: bis zur Reichsgründung 1871. Von da an war er natürlich für ganz Deutschland gültig. Für Japan bedeutete er zunächst – wie auch die anderen „ungleichen Verträge“ mit westlichen Mächten – eine Bevormundung. Ausländer durften sich niederlassen und waren „exterritorial“, ein Status, der heute nur Diplomaten zusteht. Die Zölle wurden von den fremden Mächten festgelegt. Japans Politik war daher im späteren 19. Jahrhundert darauf ausgerichtet, eine Revision der „ungleichen Verträge“ zu erreichen, vor allem aber auch, das Land zu modernisieren.

Über die „Ostasienmission“ wurde damals ausführlich in der Presse berichtet, und es erschienen persönliche Erlebnisschilderungen, sogar in Reimen. Zeichner und Maler verewigten Menschen und Orte. Zusammen mit den sehr lebendig und beinahe im Plauderton vorgetragenen Ausführungen des Referenten vermittelten diese Bilder einen Eindruck von den folgenreichen Ereignissen vor 150 Jahren.

Vortrag „Siebold und die Öffnung Japans nach Westen“

26.11.2011    In seinem Vortrag „Siebold und die Öffnung Japans nach Westen“ referierte Wolfgang Klein-Langner, Leiter des Siebold-Museums in Würzburg, über die Bemühungen Siebolds, Japan behutsam zur Öffnung zu bewegen, von seiner „Internationalität“, von den Lebensläufen seiner Söhne, die ebenfalls Vermittler zwischen Japan und Deutschland waren und in ihrer Existenz echte Europäer. In der Aussprache wurde unter anderen die Frage erörtert, warum Siebold in Japan viel bekannter ist als in Deutschland, wo er u.a. im Schatten Alexanders von Humboldt steht. Eine schlüssige Antwort konnte nicht gefunden werden, doch wurde vielen zum ersten Mal – oder auch aufs Neue – deutlich, dass Philipp Franz von Siebold mit seinem Wirken zu den herausragenden Persönlichkeiten in der Geschichte der deutsch-japanischen Beziehungen gehört.